Geschichtsrevisionismus und Ukraine-Krieg

geschrieben von FIR - International Federation of Resistants Fighters (FIR) - Association of Antifascists

6. Oktober 2023

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Mit großer Sorge verfolgt die FIR die gegenwärtigen Tendenzen, die ideologische Konfrontation im Krieg Russland-Ukraine zur massiven Verfälschung der Geschichte der faschistischen Barbarei auch in westlichen Ländern zu nutzen.

Am 22. September begrüßte der kanadische Premierminister Justin Trudeau den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Zelenskij zu einer Rede im Parlament. Auf der Besuchertribüne des Unterhauses saß als „Ehrengast“ der 98-jährige Nazi-Kriegsveteran Jaroslaw Hunka.

Parlamentspräsident Anthony Rota stellte Hunka als „Helden“ und „Veteranen des Zweiten Weltkriegs“ vor, der „gegen die Russen gekämpft“ habe. Rota betonte, dass das Unterhaus ihm „für all seine Dienste“ im Kampf gegen die Russen während des Zweiten Weltkriegs danke. Weder Rota noch andere Anwesende erwähnten, dass diejenigen, die während dieses Zweiten Weltkrieges gegen die Sowjetunion kämpften, fast ausschließlich Nazis waren.

Das gesamte Unterhaus und Präsident Zelensky erhoben sich und applaudierten Hunka, der in der 14. SS-Division „Galizien“ gedient hatte. Kurz vor Kriegsende wurde die Einheit übrigens in „Erste Ukrainische Division“ umbenannt, um ihre Eingebundenheit in die SS-Verbände zu vertuschen.

Hunka selbst blickt „mit Stolz“ auf die Jahre, in denen er für den Nazismus gekämpft hat. In einem Blog für ukrainische Veteranen der Division postete er stolz Fotos von sich in Uniform. In einem anderen Beitrag beschrieb er die Zeit unter der Nazi-Besatzung von 1941 bis 1943 als „die glücklichsten Jahre meines Lebens“.

Kritiker dieses Auftritts wurden zunächst von den Medien als „Putin-Freunde“ denunziert. Dennoch entwickelte sich der Besuch zum Skandal, so dass Rota die politische Verantwortung für die Einladung übernehmen musste, um den Premierminister zu schützen.

Walentin Andrejewitsch Galotschkin: Babyn Jar (1964)

Amerikanische Regierungsvertreter scheinen aus diesem Faux pas nichts gelernt zu haben. Eine Woche später glaubte der US-Außenminister Antony Blinken Falschinformationen über den Umgang der Sowjetunion mit der Erinnerung an die faschistischen Massenverbrechen in die Welt setzen zu können, um die heutige russische Regierung denunzieren zu können. Bezogen auf das faschistische Massenverbrechen am 29./30. September 1941 in Babi Jar behauptete er: „Die Sowjets haben diese Geschichte begraben, die heute von Putins Regierung manipuliert wird, um Russlands Übergriffe in der Ukraine zu decken.“ Die USA setze sich dagegen für Gerechtigkeit für die Überlebenden des Holocaust und die Rechenschaft für die Gräueltaten ein.

Vollkommen zurecht wies eine Sprecherin der russischen Regierung diese ungeheuerliche Verleumdung zurück und betonte: „Bereits im März 1945, also noch vor dem Sieg, verabschiedeten der Rat der Volkskommissare der Ukrainischen SSR und das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei (Bolschewiki) der Sowjetunion die Resolution Nr. 378 „Über die Errichtung eines Denkmals an der Stätte von Babi Jar“, wonach mit der Anlage eines Parks und der Errichtung eines Denkmals an der Grabstätte der Opfer der Nazi-Besatzer begonnen wurde. Es wurde am 2. Juli 1976 auf dem Gelände eingeweiht, das später zum Nationalen Historischen und Gedenkreservat „Babi Jar“ in Kiew erklärt wurde. Für das sowjetische Volk war Babi Jar ebenso eine blutende Wunde wie Chatyn, Treblinka oder Auschwitz, die von den sowjetischen Soldaten befreit wurden. Der sowjetische Schriftsteller Anatoli Kusnezow (Roman „Babi Jar“, 1966), der Filmregisseur Mark Donskoj (Film „Die Unbesiegten“, 1945), der Komponist Dmitri Schostakowitsch (Symphonie „Requiem für Babi Jar“, 1962) widmeten dieser Tragödie ihre Werke.“

In der Tat gab es in der UdSSR Kontroversen um die Rolle und Bedeutung der verschiedenen Opfergruppen in Babi Jar. Während heute zumeist die jüdischen Opfer im Zentrum der Erinnerung stehen, verwies man neben den jüdischen Opfern auf Roma und sowjetische Kriegsgefangene und alle Opfer von Erschießungen, die bis zur Befreiung Kiews durch die Rote Armee im November 1943 andauerten. Man erinnerte damit an Menschen „nichtarischer Herkunft“, Partisanen und Gefangene, die von den Nazis zum Tode verurteilt wurden und deren sterbliche Überreste in Babi Jar ihre letzte Ruhestätte fanden.

Die FIR macht noch einmal deutlich. Wir lassen nicht zu, dass aus Gründen offenkundiger Kriegspropaganda historische Erinnerung verfälscht wird und faschistische Kollaborateure zu „Freiheitshelden“ umdefiniert werden. In diesem Sinne verurteilen wir gleichermaßen die im gesellschaftlichen Leben der Ukraine betriebene Rehabilitierung und Heroisierung der Bandera-Kollaborateure.