75 Jahre NATO Militärbündnis
5. April 2024
Am 4. April 1949 gründeten zwölf westliche Staaten, die USA, Kanada, Frankreich, Großbritannien (damals mit Malta), Italien, Belgien, Dänemark (mit Grönland), Niederlande, Norwegen, Portugal, Luxemburg und Island die „North Atlantic Treaty Organization“ (NATO) als westliches Militärbündnis. Die Gründung der NATO war Ausdruck des beginnenden „Kalte Krieges“, der wachsenden Spannungen zwischen den ehemaligen Alliierten USA, Frankreich und Großbritannien einerseits und der UdSSR andererseits. Noch waren die Erfahrungen der verheerenden Kriegsfolgen in Europa präsent, aber auf der anderen Seite des Atlantik begann man bereits die geopolitischen Verhältnisse neu zu sortieren.
Das Ende der alliierten Gemeinsamkeit der Potsdamer Konferenz wurde durch die Vorbereitung der Gründung eines westdeutschen Separatstaates seit 1948 sichtbar. Die Gründung der NATO war daher nicht nur eine militärische, sondern auch politische Entscheidung. 1952 fasste der damalige NATO-Generalsekretär Lord Hastings die Intention in folgendem Satz zusammen: „The only purpose was to keep the United States in, to keep the Russians out and to keep Germany down …“ (der einzige Zweck bestünde also darin, die USA drinnen, die Russen draußen und die Deutschen klein zu halten). Das NATO-Hauptquartier stand zuerst in London, später in Paris, dann in Brüssel. Unter Einbeziehung der nationalen Armeen wurden alliierte NATO-Kommandos gebildet, so in der Türkei (Izmir), in den USA (Norfolk, Virginia), in Malta und in Frankreich (Fontainebleau). Als „strategisches Konzept“ galt die „Vorneverteidigung“, besser gesagt, ein möglicher Krieg mit dem Osten soll erneut in Europa ausgetragen werden. Aus diesem Grund wurde auch die BRD zum 9. Mai 1955 Mitglied der NATO, wobei zu diesem Zeitpunkt die Remilitarisierung noch gar nicht beschlossen war.
Als Antwort auf diese Frontstellung schlossen sich die östlichen europäischen Staaten unter Führung der Sowjetunion in der „Warschauer Vertragsorganisation“ zusammen.
Bis Anfang der 1990er Jahre prägte diese Blockkonfrontation zwischen NATO und Warschauer Vertrag die politische und militärische Wirklichkeit. Trotz politischer Entspannungspolitik, Atomwaffensperrvertrag 1968 und SALT-I-Vertrag zwischen den USA und der Sowjetunion kam es zu verschärften Spannungen. Der NATO-„Nachrüstungsbeschluss“, die geplante Stationierung atomarer Mittelstreckenraketen in der BRD, Ende der 1970er Jahre führte aber auch zu einem Aufschwung der Friedensbewegung in mehreren europäischen Ländern. Die FIR und ihre Mitgliedsverbände waren aktiver Teil dieser gesellschaftlichen Massenbewegung. Zwar wurden die Atomraketen stationiert, aber der gesellschaftliche Druck gegen die NATO-Politik war sichtbar.
Das Ende der sozialistischen Staatengemeinschaft und die Auflösung der „Warschauer Vertragsorganisation“ 1991 führten zu einer scheinbaren Neuorientierung. Mit der „Charta von Paris“ wurde eine neue geopolitische Ordnung nach dem Ende des Kalten Krieges beschrieben. Auf der Grundlage der KSZE-Vereinbarung sollte die künftige Zusammenarbeit der ehemaligen Blockgegner geregelt werden. Bei den Zwei-plus-Vier-Verhandlungen über die Vereinigung Deutschlands wurde der damaligen Sowjetunion zugesagt, es werde keine Osterweiterung der NATO geben – eine politische Zusage, an die sich die NATO wenige Jahre später glaubte nicht mehr halten zu müssen. 1997 wurde Polen, Tschechien und Ungarn die Mitgliedschaft angeboten. Wenige Tage vor dem ersten Angriffskrieg der NATO in Europa gegen Jugoslawien im März 1999 wurden sie Teil des Militärbündnisses. 2004 folgten Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, Slowakei und Slowenien. Albanien und Kroatien kamen im Jahr 2009, 2017 Montenegro und 2020 nach Klärung der Namensfrage Nordmazedonien. 2024 folgten die vormals neutralen Länder Schweden und Finnland. Damit ist die Osterweiterung nicht abgeschlossen. Die Einladungen an Georgien und die Ukraine machten deutlich, dass die Stoßrichtung von Lord Hastings von 1952 bis heute gilt.
Aktuell ist die NATO faktisch Kriegspartei im Krieg zwischen der Russischen Föderation und der Ukraine. Dabei geht es nicht nur um die massiven Waffenlieferungen, sondern auch um die Ausbildung von ukrainischen Soldaten und den Einsatz von NATO Angehörigen und der NATO-Infrastruktur (Überwachung, Steuerungstechnik etc.) zur militärischen Unterstützung der Ukraine. Der französische Präsident Macron brachte sogar den Einsatz von NATO-Truppen in der Ukraine ins Spiel. Damit zeigen er und die NATO-Strategie, wie schon bei der Gründung der NATO, dass eine mögliche militärische Konfrontation mit Russland auf europäischem Territorium stattfinden solle. Und das unter der Maßgabe der realen Drohung mit dem Einsatz von Atomwaffen.
Anlässlich des NATO-Gründungsjubiläums erneuert daher die FIR ihre Grundposition, dass die Auflösung der Militärblöcke in Europa und die Schaffung einer neuen – nicht-militärischen – europäischen Sicherheitsarchitektur existenziell ist. Dies geht nicht mit Militarisierung der Europäischen Union und Konfrontation, sondern nur mit Diplomatie und Verhandlungen.
Genau dafür steht die NATO jedoch nicht!