Schlusserklärung der 2. Regionalkonferenz „Aktiv gegen Rechts“

1. Oktober 2010

Heute haben sich erneut über hundert Aktivisten und Unterstützer der Basisbewegung „Aktiv gegen Rechts“ in der Region Aachen zu einer ganztägigen Konferenz getroffen.Die vergangenen Wochen in der Region waren geprägt von den Blockaden und Demonstrationen gegen eine anti-muslimische NPD Kampagne, die sich gegen den bevorstehenden Bau einer neuen Moschee in Aachen richtet. Die NPD nutzte die Aufmerksamkeit, die das Thema durch die Buchveröffentlichung des Ex-Bundesbankvorstandsmitglieds Thilo Sarrazin erhält.

In Zeiten, in denen Milliarden Steuergelder in von Managern und Aktienbesitzern geplünderte Banken gesteckt werden und die Umverteilung gesellschaftlichen Reichtums von den Ärmsten in die Taschen von eh schon Reichen einen weiteren Höhepunkt erreicht, soll die Debatte um Muslime und ihre Gebetsstätten ablenken – ablenken von der Notwendigkeit, eine Wirtschaftsordnung zu gestalten, die den Bedürfnissen der Mehrheit der hier lebenden Menschen entspricht.

Auf der ersten Konferenz vor einem Jahr hatten wir davor gewarnt, dass der Neofaschismus in der Region eine kriminelle Qualität erreicht hat. Mittlerweile sind unsere Warnungen eine offensichtliche Realität geworden: Antisemitische Schmierereien am jüdischen Friedhof in Aachen („Juden ins Gas“), systematische tätliche Angriffe der Neonazis in der ganzen Region, überall rassistische und volksverhetzende Aufkleber und Schmierereien, Morddrohungen und Attentate auf Privatwohnungen.

Leider haben die zuständigen Stellen die Ereignisse oft unzureichend behandelt. Die Justiz hält es für ihre vornehmste Pflicht, den Neonazis für ihre Hetze immer aufs Neue ein Demonstrationsrecht zu gewähren. Die Aufarbeitung der kriminellen Delikte der Neonazis lässt oft jahrelang auf sich warten. Die Polizei konnte erst nach Hinzuziehung von BKA und LKA Erfolge gegen wenigstens zwei Neonazis vorweisen, denen die Vorbereitung des Einsatzes von Sprengmitteln vorgeworfen wird. Die Staatsanwaltschaft hielt die Morddrohungen gegen einen Aussteiger aus der Naziszene sowie andere aktive AntifaschistInnen für „Teil der freien Meinungsäußerung“. Diese Signale haben die Neonazis so verstanden, dass sie in der Region tun und lassen können, was sie wollen, ohne dass sie Konsequenzen zu fürchten hätten.

Wir haben uns heute beschäftigt mit den Grundlagen des Rassismus und mussten feststellen, dass der Rassismus im Gegensatz zu den Neonazis keine Randerscheinung ist, sondern sich immer wieder neu aus der Mitte der Gesellschaft entwickelt. Wir haben in Arbeitskreisen Kenntnisse erworben über das Auftreten der Neonazis, über die Demagogie der Neonazis, wenn sie gegen die Globalisierung ein „das eigene Volk zuerst“ setzen.

Wir haben uns sehr intensiv beschäftigt mit dem drohenden Aufmarsch der Neonazis Anfang April 2011 in Stolberg. Wir waren uns einig darin, dass die alljährlichen Aufmärsche eine Geißel für die Stadt Stolberg und die gesamte Region darstellen. Auf unterschiedlichen Wegen und mit unterschiedlichen Mitteln wollen wir gemeinsam den Neonazis die Lust an diesen Aufmärschen nehmen und uns ihnen entgegenstellen.

Die Konferenz diente auch dem Austausch zwischen den Menschen, die in ihren Gemeinden und Städten über die Verbrechen der Nazis 1933-1945 aufklären und vor allem Schülerinnen und Schüler motivieren, sich der Verantwortung zu stellen, um eine Gesellschaft zu bauen, in der Rassismus, Faschismus und Krieg keinen Platz haben. Die Vernetzung lokaler Geschichtsarbeit ist heute einen Schritt voran gekommen.

Die Notwendigkeit der weiteren Vernetzung unserer Arbeit ist offensichtlich. Wir können und wollen nicht „nur“ den Neonazis hinterherlaufen, sondern einen eigenen Beitrag für eine solidarische und nicht rassistische Gesellschaft entwickeln.

Eine Frage auf der Konferenz des nächsten Jahres soll deshalb sein: Wie kann eine Gesellschaft aussehen, die den Schwur von Buchenwald zur Grundlage hat: Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln und der Aufbau einer Welt der Freiheit und des Friedens. Wir schlagen deshalb vor, die nächste Konferenz unter das Motto zu stellen:

„Antifaschismus ist mehr als eine Gegenbewegung“