Volkstrauertag 2020 – AfD fühlte sich vom Volksbund eingeladen
21. November 2020
Aachen, AfD, Bundeswehr, Ehrengäber, Hochkreuz, KZ-Gräber, Opfer des Faschismus, Volksbund Deutsche Kriegsgräbervürsorge, Volkstrauertag, VVN-BdA Aachen, Waldfriedhof
Am letzten Sonntag war „Volkstrauertag“: Die VVN-BdA hat an den Ehrengräbern der Opfer des Faschismus auf dem Waldfriedhof ein Gebinde niedergelegt. Der „Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge“ hat zusammen mit der Stadt, der Bundeswehr und anderen ebenfalls auf kleiner Coronaflamme am Hochkreuz „der Opfer der Gewalt“ gedacht.
Am folgenden Tag stellen wir fest, dass am Hochkreuz nicht nur die Kränze von Bundeswehr, Stadt, Volksbund u.a. liegen, sondern wir finden auf der Rückseite auch einen üppigen Kranz der AfD mit der Schleifeninschrift „Den für Deutschland Gefallenen“. Was ist hier passiert?
Die AfD wird sich wohl kaum freiwillig auf der Rückseite versteckt haben. Zu vermuten ist, bei der Kranzniederlegung haben der Volksbund und Anhang den AfD-Kranz vorgefunden und kurzerhand aus dem Blickfeld geschafft. Für eine Entsorgung der Provokation durch die AfD hat der Mut wohl nicht gereicht, aber immerhin: Sie wollten mit der AfD nicht zusammen gesehen werden. Immerhin fungiert die AfD als Steigbügelhalterpartei, die dem organisierten Faschismus Zugang zu den parlamentarischen Bühnen des Landes verschafft.
Die Frage, die uns bewegt, ist: Was ist die Kranzniederlegung am Hochkreuz zum Volkstrauertag für eine Veranstaltung, die die AfD anzieht wie Licht die Motten?
Der Volkstrauertag wird inhaltlich vorbereitet und gestaltet vom „Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.“. Der Volksbund liefert jedes Jahr den Text für das „Totengedenken“, dass landauf landab vorgetragen wird. In der Fassung von 2020 ist zu lesen:
„Wir gedenken der Soldaten, die in den Weltkriegen starben, der Menschen, die durch Kriegshandlungen oder danach in Gefangenschaft, als Vertriebene und Flüchtlinge ihr Leben verloren.“
Hier lebt die alte Erzählung von der Unschuld deutscher Soldaten fort. Keine Rede davon, dass Deutschland 1939 zum zweiten Mal einen Weltkrieg angezettelt und seine Soldaten und die SS ausgeschickt hatte, um Jüdinnen und Juden zu vernichten, „minderwertiges slawisches Leben“ auszurotten und sich Europa und die Welt zu unterwerfen. Das kann den Damen und Herren der AfD gefallen, die im Holocaust-Mahnmal in Berlin eher ein „Mahnmal der Schande“ (Höcke) sehen als einen Aufruf, niemals mehr Antisemitismus und Krieg zu dulden. Des weiteren ist im „Totengedenken“ zu lesen:
„Wir trauern um die Opfer der Kriege und Bürgerkriege unserer Tage, um die Opfer von Terrorismus und politischer Verfolgung, um die Bundeswehrsoldaten und anderen Einsatzkräfte, die im Auslandseinsatz ihr Leben verloren.“
Hier tritt uns entgegen eine infame Gleichsetzung der Opfer der Bundeswehr („Opfer der Kriege“) mit den „gefallenen“ Bundeswehrsoldaten selber, einschließlich derer, die im Auslandseinsatz bei einem Unfall ums Leben kamen. Der Volksbund gibt vor, z.B. der Toten in Syrien zu gedenken, die Opfer eines Drohneneinsatzes wurden. Dass die Zielkoordinaten für die Drohnen zuvor deutsche Soldaten ermittelt haben können, spielt keine Rolle. Natürlich kommt der Volksbund nicht ansatzweise auf die Idee, sich mitschuldig zu machen.
Es ist das prägende Gen des Volksbundes – er entschuldet und heiligt das Wirken deutscher Soldaten. Das ist nicht weit entfernt von der AfD-Schleife „Den für Deutschland Gefallenen“. Von diesem Volksbund darf die AfD sich eingeladen fühlen.
Um letzte Zweifel am tiefen Sinn des „Totengedenkens“ am „Volkstrauertag“ zu zerstreuen, schauen wir noch kurz auf das unvermeidliche Begleitlied jeder Veranstaltung des Volksbundes – Das Lied „Ich hatt’ einen Kameraden“. Der Kamerad wurd von einer Kugel getroffen, wollt dem Kameraden, dem Sänger noch die Hand reichen, doch jeder singt weiter: „Kann dir die Hand nicht geben, Bleib du im ew’gen Leben – Mein guter Kamerad!“. Noch nicht einmal dem Freund und Kameraden ist nur ein Minimum an Zuneigung möglich, das Kriegsgeschäft geht vor.
Ein ehrliches „Totengedenken“, das dem Frieden verpflichtet ist und Faschisten konsequent die Stirn bietet, ist nur ohne den Volksbund und dessen militaristisches Tamtam denkbar. Warten wir mal ab, ob die neue Ratsmehrheit den Volksbund endlich zum Teufel jagt.