1. Weltkrieg – Antrag an die Landes-Delegierten-Konferenz der VVN-BdA NRW am 08.02.2014

12. Januar 2014

Auf der Jahreshauptversammlung der VVN-BdA Aachen am 23.11.2013 wurde einstimmig beschlossen, den folgenden Antrag an die Landes-Delegierten-Konferenz der VVN-BdA NRW am 08.02.2014 zu stellen:


Antrag der KV Aachen an die LDK der VVN/BdA NRW 8.2.2014

 

Im Jahr 2014 jährt sich zum Hundertsten mal der Beginn des 1. Weltkrieges. 70 Millionen Menschen aus 40 beteiligten Staaten standen unter Waffen, 17 Millionen Menschen starben. Der Jahrestag dieses Krieges wird in den Feuilletons, in den politischen Debatten und in der Kultur einen breiten Raum einnehmen und auch uns Antifaschistinnen und Antifaschisten herausfordern.

 

Der 1. Weltkrieg war im Wesentlichen ein Krieg zwischen den damaligen imperialistischen Hauptmächten, er war getragen vom Gedanken der Konkurrenz um Ländereien und internationale Märkte, er war geprägt von der unbedingten Bereitschaft der kapitalistischen Staaten, ihre jeweiligen Interessen skrupellos und ohne Rücksicht auf menschliches Leben durchzusetzen.

 

Gleichwohl trug das deutsche Reich eine besondere, nämlich die Hauptschuld am Ausbruch des Krieges. Die Wirtschaftskapitäne, der Kaiser, die Generalität und die Reichsregierung beanspruchten eine Hegemonialstellung des Deutschen Reiches auf dem europäischen Festland für alle Zukunft, sie forderten Land- und Raumzuwachs in West- und Osteuropa und eine Ausweitung ihrer Kolonien. Der vermeintliche Widerspruch zwischen der ökonomischen Stärke Deutschlands und seines realen Machteinflusses in der Welt begründete die Forderungen nach einem Platz an der Sonne und untermauerte die unbedingte Kriegsbereitschaft und die Kriegserklärungen von Österreich-Ungarn und Deutschland.

 

Es zeichnet sich jetzt schon ab, dass in der Rezeption des 1. Weltkrieges diese besondere deutsche Schuld geleugnet oder nivelliert wird. Die „Parlament“-Beilage der Bundeszentrale für politische Bildung vom März 2013 darf als Taktgeber gelesen werden: Während die Hauptverantwortung Deutschlands im Editorial nicht erwähnt wird, ist z.B. von „Verflechtungen“ der Großmächte die Rede, die zum Krieg führten. Die Kriegsschuld wird gleichmäßig auf alle europäischen Staaten verteilt. Für Antifaschistinnen und Antifaschisten ist diese Herangehensweise heute vor allem aus zwei Gründen nicht hinnehmbar.

 

Erstens. In Deutschland war es nicht gelungen, die politischen und wirtschaftlichen Machtverhältnisse, die zum Ausbruch des 1. Weltkrieges führten, zu überwinden. Gestützt auf die Kräfte des Militarismus und einflussreicher Kreise des Großkapitals konnte der deutsche Faschismus entstehen und eine Revision der Ergebnisse des 1. Weltkrieges anstreben – und die Welt erneut in einen Weltkrieg stürzen.

 

Zweitens. Es ist ein bedrückendes Merkmal der heutigen Zeit, dass Deutschland erneut bestrebt ist, seinen Einfluss in Europa und der Welt zu stärken. Nur schwach versteckt hinter der Sprachfloskel der „Verantwortung“ hat Deutschland wieder massiv aufgerüstet, Serbien/Jugoslawien als einen der deutschen Hauptgegner der Weltkriege I und II im Jahr 1999 erneut bombardiert, seine Armee weltweit in Kampfeinsätzen geführt und den Umbau der Bundeswehr von einer Verteidigungs- in eine Interventionsarmee abgeschlossen.

 

Die Bundesregierung scheint die Auseinandersetzungen um den 1. Weltkrieg meiden zu wollen. Während in Belgien, in Frankreich und vielen anderen europäischen Nachbarstaaten große Feierlichkeiten vorbereitet werden, gibt es in dieser Hinsicht keine Signale aus Berlin. Offensichtlich fühlt sich Deutschland noch nicht stark genug, sein Vormachtstreben offen zu bekunden und zu feiern.

 

Der internationale Sozialistenkongreß in Basel hatte 1912 im Angesicht des drohenden Kriegsausbruchs entschiedenen Widerstand der Arbeiterbewegung beschlossen und sich verpflichtet:

Falls der Krieg dennoch ausbrechen sollte, ist es die Pflicht, für dessen rasche Beendigung einzutreten und mit allen Kräften dahin zu streben, die durch den Krieg herbeigeführte wirtschaftliche und politische Krise zur Aufrüttelung des Volkes auszunutzen und dadurch die Beseitigung der kapitalistischen Klassenherrschaft zu beschleunigen.

 

Es muss festgehalten werden, dass die internationale Arbeiter- und Friedensbewegung u.a. diesen Beschluss ignoriert hat und in kürzester Zeit zerschlagen und weitgehend auf die Seite national-patriotischer Kriegsbefürwortung gezogen werden konnte. Die VVN/BdA, die sich als fester Teil der internationalen Friedensbewegung sieht, nimmt den 100ten Jahrestag vorrangig zum Anlass, für eine Stärkung der Friedenskräfte und des Antimilitarismus zu kämpfen.

 

Wir rufen unsere Landesorganisation und die Kreisvereinigungen dazu auf, sich im Gedenkjahr 2014 in den politischen Debatten zu beteiligen, möglichst auch mit eigenen Veranstaltungen. Der Jahrestag spielt eine große Rolle in unserem Nachbarland Belgien: Unsere Organisation sucht die Kooperation mit der Friedensbewegung in Belgien und bietet gemeinsame Fahrten zu Veranstaltungen, Ausstellungen und Kundgebungen an.