Vor 90 Jahren: Der Weg in den Krieg

geschrieben von FIR - International Federation of Resistants Fighters (FIR) - Association of Antifascists

14. März 2025

Kriege beginnen bekanntlich nicht mit dem Überfall auf einzelne Länder, sondern sie bedürfen langfristiger Vorbereitungen: Aufrüstung, Kriegsplanung, Mobilisierung von Soldaten und insbesondere der ideologischen Einstimmung der Menschen auf einen solchen Kriegseinsatz – zusammengefasst könnte man das mit dem Wort „kriegstüchtig“ beschreiben.

Vor 90 Jahren, im März 1935, begann dieser Prozess in aller Öffentlichkeit durch den deutschen Faschismus. Schon vor 1933 warnten die Arbeiterparteien: „Wer Hitler wählt, wählt Krieg!“ Und tatsächlich war das erste Treffen der am 30. Januar 1933 eingesetzten Regierung Hitler-Hugenberg-Papen am 4. Februar 1933 mit der Reichswehrführung, wo der Reichskanzler dem Militär seine außenpolitische Agenda erläuterte. Sie bedeutete Revision des Versailler Vertrages und der zweite Griff nach der Weltmacht.  

Es brauchte noch zwei Jahre, in denen die faschistische Regierung durch politischen Terror, Schaffung von Gesetzen und die ideologische Gleichschaltung der deutschen Gesellschaft mit der offenen Kriegsvorbereitung beginnen konnte. Nachdem das Deutsche Reich den Völkerbund verlassen hatte und ankündigte, sich nicht mehr an die Beschränkungen des Versailler Vertrages halten zu wollen, verkündete Anfang März 1935 Hermann Göring, von nun an gäbe es eine deutsche Luftwaffe als weitere Waffengattung. Am 16. März 1935 wurde offiziell ein Gesetz beschlossen, in dem die Allgemeine Wehrpflicht festlegt wurde. Schon zuvor wurden junge Erwachsene im Arbeitsdienst paramilitärisch vorbereitet. Nun wurden die so disziplinierten jungen Erwachsenen auf den Kriegseinsatz vorbereitet. Geregelt wurde die allgemeine Wehrpflicht im „Gesetz über den Aufbau der Wehrmacht“, das mit dem „Reichsverteidigungsgesetz“ vom 21. Mai 1935 in Verwaltungshandeln übersetzt wurde. Die Gesetze sahen eine „Friedensstärke“ der Wehrmacht von 550.000 Mann vor, was bereits das Fünffache der vom Versailler-Vertrag genehmigten Militärstärke war. Für den Krieg selber wurden jedoch viel mehr Soldaten benötigt, wie bereits Mitte der 1920er Jahre eine „Machbarkeitsstudie“ des Heeresamtes ermittelte, die als Grobraster bis 1939 umgesetzt wurde.

Zur Legitimation der Kriegsvorbereitung musste ein „äußerer Feind“ herhalten. Schon der Austritt des Deutschen Reiches aus dem Völkerbund wurde mit der Forderung verbunden, Deutschland wolle „Gleichberechtigung“, was damals nichts anderes bedeutete, es wollte ebenso aufrüsten können wie andere europäische Staaten.

Bezeichnend ist die politische Reaktion der Staaten, die als Garantiemächte des Versailler Vertrages angesehen werden können. Natürlich protestierte Frankreich gegen diesen Schritt, aber nur mit einer schriftlichen Demarche, ohne weitere Maßnahmen zu ergreifen. Großbritannien reagierte vollkommen affine zu den deutschen Maßnahmen. Der britische Außenminister Samuel Hoare und der deutsche Sonderbeauftragte Joachim von Ribbentrop unterzeichneten am 18. Juni 1935 in London ein Flottenabkommen. Das Stärkeverhältnis der deutschen und britischen Seestreitkräfte wurde mit insgesamt 35 zu 100 festgelegt. Die Hitler-Regierung interpretierte diese Reaktionen der Westmächte vollkommen zurecht als Freibrief für weitere Schritte der Kriegsvorbereitung.

Wenn man diese Entwicklung vor 90 Jahren betrachtet, wird deutlich, dass Expansionspolitik und militärische Durchsetzung von imperialen Interessen nicht erst dann gestoppt werden kann, wenn – wie am 1. September 1939 – der Überfall auf die jeweiligen Länder erfolgt, sondern wenn Kriegsplanung und Kriegsvorbereitung offensichtlich werden. Verfolgt man aktuell die Aufrüstungsrhetorik der EU-Kommissarin Frau von der Leyen und der Versammlung der EU-Regierungsvertreter in der vergangenen Woche, dann muss man den Eindruck haben, wir befinden uns in einer Phase, in der ein Waffengang massiv vorbereitet wird. Diesmal heißt es nicht „Gleichberechtigung“, sondern „Verhinderung eines russischen Angriffs auf Mitteleuropa“, aber unabhängig von allem propagandistischen Getöse sollen viele Milliarden Euro in die Entwicklung einer europäischen Kriegsindustrie gesteckt werden, die selbstverständlich nicht heute oder morgen verteidigungsbereit ist, sondern zum Ende des Jahrzehnts ein Militärpotenzial entwickelt, das kriegsfähig für eine Ostexpansion wäre. Stehen wir vor einem „dritter Griff nach der Weltmacht“, diesmal unter dem Label der EU?

In Erinnerung an die grausamen Erfahrungen der Völker Europas und den heldenhaften Kampf aller Teile der Anti-Hitler-Koalition zur militärischen Zerschlagung der faschistischen Barbarei, warnt die FIR – mit Blick auf die Entwicklung, die vor 90 Jahren begann – vor heutigen Aufrüstungsplänen und einer Militarisierung Europas.