Vor 80 Jahren „Teheraner Konferenz“: Erste alliierte Pläne für ein Nachkriegseuropa
1. Dezember 2023
Die militärische Entwicklung im Zweiten Weltkrieg erforderte Ende 1943 Absprachen der drei Alliierten – Großbritannien, UdSSR und USA. Schon auf der Moskauer Konferenz vom 19. Oktober bis 1. November 1943 vereinbarten die Außenminister den Eintritt der UdSSR in den Krieg gegen Japan und Grundlagen der europäischen und weltpolitischen Kooperation nach Kriegsende.
Um diese Vereinbarungen mit größerem politischem Gewicht zu versehen, kamen der Präsident der USA, Franklin D. Roosevelt, der Premierminister Großbritanniens, Winston Churchill, der sowjetische Staatschef Josef Stalin sowie ihre militärischen Berater vom 28. November bis 1. Dezember 1943 zur Konferenz von Teheran zusammen. Es war das erste Treffen aller drei Regierungschefs der Anti-Hitler-Koalition.
Angesichts der militärischen Kapitulation Italiens forderte die UdSSR von den Westalliierten eine zweite Front in Frankreich, möglichst in Nordwestfrankreich, zu eröffnen. Dieser Vorschlag entsprach den westlichen Überlegungen zur „Operation Overlord“. Damit sollte eine militärische Entlastung der Ostfront erfolgen, sodass ein Vorrücken der sowjetischen Streitkräfte erleichtert würde.
Ein zentraler Verhandlungsgegenstand war die politische Neuordnung Europas nach einem Sieg der Anti-Hitler-Koalition über Hitler-Deutschland. Schon in der „Moskauer Erklärung“ waren die Grundlagen zur Behandlung Nachkriegsdeutschland und Pläne für eine europäische Nachkriegsordnung formuliert worden. Bezogen auf Deutschland lagen die Vorstellungen der drei Staatschefs noch weit auseinander. Gemeinsam waren sie aber überzeugt, Deutschland solle demilitarisiert, wirtschaftlich begrenzt und territorial verkleinert werden, so dass ein Frieden für mindestens fünfzig Jahre gesichert wäre. Noch einmal wurden als gemeinsame Kriegsziele bedingungslose Kapitulation und Besetzung des Landes bestätigt.
Wie nicht anders zu erwarten, konnten auf dieser ersten Konferenz der Staatschefs viele Fragen verbunden mit der territorialen Neuordnung und den jeweiligen Einflussinteressen in Europa nicht abschließend geklärt werden. Im Grundsatz wurden jedoch bereits in dieser Konferenz die Westverschiebung Polens und die Zuordnung der drei baltischen Republiken zur Sowjetunion von den Westmächten anerkannt. Ein oft vergessenes Detail dieser Beratung war die Übereinkunft, dass in Anerkennung der Leistungen der jugoslawischen Partisanen Josip Broz Tito als selbständiger alliierter Befehlshaber in Jugoslawien betrachtet werden sollte.
Neben diesen militärischen Überlegungen war die Teheraner Konferenz faktisch auch die Geburtsstunde der Vereinten Nationen. Schon auf der Außenministerkonferenz im Oktober 1943 in Moskau waren die drei Staaten übereingekommen, „zum frühestmöglichen Zeitpunkt eine allgemeine Organisation zur Erhaltung des internationalen Friedens und der internationalen Sicherheit zu schaffen, die auf der Grundlage der souveränen Gleichheit aller friedlichen Staaten beruht und zu der die Mitgliedschaft für alle diese Staaten, groß oder klein, offen sein soll.“
Roosevelt stellte in Teheran seine Überlegungen für diese Nachfolgeorganisation des Völkerbundes vor. Er plädierte für eine dreiteilige Struktur: eine umfassende Generalorganisation, die United Nations, ein politisches Exekutivkomitee aus etwa einem Dutzend Ländern und ein Eingreif-Komitee bestehend aus den drei Alliierten und China. Die drei Regierungschefs stimmten diesen Überlegungen im Grundsatz zu, wobei klar war, dass hier nachzuarbeiten war. So fehlte beispielsweise Frankreich in Roosevelts Überlegungen.
Die Konferenz von Teheran von 1943 war damit nicht nur eine „Kriegskonferenz“ der drei wichtigsten Mächte der Anti-Hitler-Koalition, sondern bereits eine zentrale Weichenstellung für die internationale Nachkriegsordnung und die Schaffung der Vereinten Nationen.
Da auf dieser Konferenz viele Themen nicht zur Entscheidungsreife diskutiert werden konnten, wurden in Teheran die Vertreter der Europäische Beratende Kommission in London benannt, deren Arbeitsergebnisse als Empfehlungen an die Regierungen der Alliierten gerichtet wurden. Diese Arbeiten bildeten die Basis für das entscheidende Gipfeltreffen der drei Alliierten während des Krieges, die Konferenz von Jalta im Februar 1945.