Zum deutschen Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941
3. Juni 2011
Am 22. Juni 1941 überfiel das faschistische Deutschland die Sowjetunion. Der 22. Juni 1941 markiert einen reinen Angriffskrieg, der dem Ziel des Aufbaus einer deutschen Weltmacht diente. Es war der Beginn einer unfassbaren Katastrophe für die Menschen in der Sowjetunion. Nach neueren Schätzungen starben etwa 28 Millionen Zivilisten und mehr als acht Millionen Rotarmisten. Und es war ein Vernichtungskrieg. Alles jüdische Leben sollte ermordet werden, einen slawischen Staat sollte es in der folgenden Geschichte nie mehr geben können. Spätestens seit dem Bau des Holocaust-Mahnmals in Berlin bescheinigt sich die bundesrepublikanische Gesellschaft permanent selbst, nie mehr in der Lage und willig zu sein, das Ungeheuer des Faschismus wieder aufleben zu lassen. An dieser Haltung kommen Zweifel auf, wenn wir erleben müssen, mit welcher Militanz staatliche Organe Aufmärsche der geistigen Erben des Hitlerfaschismus schützen.Anläßlich des 70. Jahrestages des Überfalls auf die Sowjetunion wollen wir in Form von Thesen einige historische Gesichtspunkte (normal gesetzt) mit unserer Gegenwart (eingerückt) abgleichen.Wir bitten um eine rege Diskussion und um Zusendung von Meinungen zu unseren Thesen. Wir werden alle Positionen – mit Ausnahme jener der heutigen Parteigänger des Faschismus – bündeln und auf diesen Seiten veröffentlichen.
Die Vorbereitungen des von den Nazis lange vor ihrer Machteinsetzung angekündigten Überfalls auf die Sowjetunion begannen unmittelbar nach der Machtübergabe an Hitler. Die Voraussetzungen für den Krieg wurden geschaffen mit den Versuchen der Eliminierung der Kriegs- und der Hitlergegner, die bereits ab Februar 1933 in Schutzhaft und wenig später in Konzentrationslager weg gesperrt wurden – sofern sie nicht sofort umgebracht wurden.
In der Bedrohung von KriegsgegnerInnen erkennen wir ein friedensgefährdendes Potential.
Nach den Erfahrungen des 1. Weltkrieges waren die Völker und Staaten bestrebt, ein neues Völkerrecht zu schaffen, das Staaten das Recht zur Kriegsführung – ius ad bellum – entzieht bzw. einschränkt. Dieser Prozess (Gründung Völkerbund 1920; Kellogg-Pakt 1928) war widersprüchlich und von imperialistischen Vormachtdenken der Siegermächte geprägt. Die Zerschlagung des sich zaghaft herausbildenden, auf Frieden orientierten Völkerrechts durch die Nazis mit der Inanspruchnahme des Rechts auf Kriegsführung gehört zur Vorgeschichte des 2. Weltkrieges und des Überfalls auf die Sowjetunion.
Das antisemitische Programm der Nazis war bereits in Hitlers Schrift „Mein Kampf“ (1925) dokumentiert. Sofort nach Hitlers Machteinsetzung wurden dann auch Jüdinnen und Juden in Deutschland drangsaliert und gedemütigt, enteignet, aus dem Land gejagt und bis zum 22.6.1941 insgesamt 900.000 ermordet. Doch erst mit dem Überfall auf die Sowjetunion entfaltete der Antisemitismus seinen furchtbaren eliminatorischen Charakter, industriemäßig wurden 6 Millionen Menschen ermordet mit dem einzigen Ziel, alle Jüdinnen und Juden der Welt zu vernichten. Die Mordlust in Deutschland verlor erst dann alle Hemmungen, als der Krieg das gesamte Leben bestimmte.
Die Sowjetunion trug die Hauptlast bei der Zerschlagung des Faschismus. Weil die späteren Allierten Großbritannien, USA und Frankreich noch ganz im Geist der antikommunistischen Interventionskriege gegen die junge Sowjetunion (1917 – 1921) befangen waren, setzten sie zunächst auf die Karte einer Niederlage der Sowjetunion gegen Deutschland und duldeten die faschistischen Kriegsvorbereitungen. Die sehr späte Eröffnung der Westfront (6.6.1944 Landung in der Normandie) hat den Krieg unnötig und unter Millionen Opfern verlängert.
Auch in Deutschland teilte Hitler den Schreckenspopanz des „Bolschewismus“ „mit einem großen Teil der damaligen Bourgeoisie bis hin zum rechten Flügel und der Mitte der Sozialdemokratie“ (Fritz Fischer, „Hitler war kein Betriebsunfall“, 1992; Vorabdruck im Spiegel 2/1989). Der Antikommunismus war eine der entscheidenden Entstehungsbedingungen für den Faschismus und den Raubzug gegen die Sowjetunion.
Die deutschen Kriegsziele Vernichtung allen jüdischen Lebens und Vernichtung des Bolschewismus weisen weit über den Charakter eines klassischen imperialistischen Krieges. Dennoch war er auch das. „Die endgültige Lösung liegt in einer Erweiterung des Lebensraumes bzw. der Rohstoff- und Ernährungsbasis unseres Volkes“ postulierte Hitler im August 1936 sein antibolschewistisches Eroberungs- und Kriegsprogramm. Die Sowjetunion stand schließlich den Zielen im Weg, das Deutschland Europa beherrscht und der Ferne Osten und Südamerika dem europäischen Export offen stehen (Herman Josef Abs, Vorstandsmitglied Deutsche Bank am 17.7.1941).
Die Begleitmusik dieser imperialistischen Eroberungsphantasien spielt heute nicht mehr der Antibolschewismus der Nazis, aber in ähnlicher Tonfolge das sog. „Anti-Terror-Programm“ aller Bundesregierungen.