Auf den Spuren der Stolberger Moorsoldaten

6. April 2015

Am 2. März Wochenende begab sich eine 7-köpfige Delegation von Mitgliedern der VVN-Kreisvereinigung Aachen, der Gruppe-Z Stolberg und des Gedenkbuchprojektes Aachen e.V. auf die Spuren der Moorsoldaten in die Gedenkstätte Esterwegen ins Emsland. Der Ursprung für die Reise liegt in einer Veranstaltung, die der Antifaschistische Arbeitskreis Stolberg am 15.08.1984 kurz nach einer ersten Begegnung mit den Stolberger VVN-Kameraden Arnold Janz (geb. 01.05.1903; verst. 05.02.1986) und Josef Henges (geb. 07.04.1904; verst. 24.09.1993) organisiert hatte. Beide Stolberger wurden als KPD-Mitglieder und Gemeinde- bzw. Stadtratsvertreter nach dem Reichstagsbrand gesucht und schließlich in die sogenannte „Schutzhaft“ genommen. Über mehrere Zwischenstationen wurden sie im Oktober 1933 in das Emsland-KZ Bürgermoor überführt. Hier mussten sie unter brutalen Bedingungen Zwangsarbeiten wie die Anlage von Entwässerungsgräben im Sumpfgebiet verrichten. Der seinerzeitige Zeitungsartikel über die Zeitzeugenveranstaltung ist mit der Überschrift „Greuel schier unbeschreiblich“ betitelt – nicht wenige Inhaftierte überlebten die Torturen unter der Ägide der brutalen SS-Täter nicht. (Die Original-Tonaufzeichnungen der Stolberger Moorsoldaten können auf einer Doppel-CD über die VVN-Kreisvereinigung Aachen oder die Gruppe-Z Stolberg bezogen werden.) Im KZ Bürgermoor wurden Ende Juni 1933 die ersten hundert Häftlinge interniert und zum Aufbau dieses 1. neuen KZ im Emsland eingesetzt. In diesem Lager wurde erstmals am 27.08.1933 bei einer offiziellen Veranstaltung von den Häftlingen das später weltberühmte Moorsoldatenlied gesungen. Bekanntester Akteur war hier der Düsseldorfer Schauspieler und Häftling Wolfgang Langhoff, dessen 13-monatige Erfahrungen in dem Buch „Die Moorsoldaten“ verarbeitet wurden. Nach dem KZ Bürgermoor ließen die Faschisten noch 14 weitere Emslandlager errichten. Sie wurden zuerst als Konzentrationslager für politische Häftlinge eingerichtet und dienten dann als Straf- und später als Kriegsgefangenenlager. Insgesamt wurden in den 15 Lagern weit mehr als 180.000 Menschen interniert. Über 25.000 Menschen verloren dabei ihr Leben: Ermordet z. B. durch bewusst kalkulierte Unterversorgung (durch Nahrungsmittelentzug oder fehlende medizinische Behandlung), durch brutale Misshandlungen oder „Erschießen auf der Flucht“. Wie uns ein im Umland der heutigen, 2011 eröffneten Gedenkstätte Esterwegen lebender Heimatforscher erklärte, erwiesen sich gerade einige als Aufseher im KZ eingesetzte Bürger aus den umliegenden Ortschaften als äußerst brutal. Nach der Auflösung der Lager und dem Ende des Krieges wurde dieses dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte wie nahezu überall verdrängt. Bis heute werden die Namen der Täter nicht öffentlich genannt, obschon sie den Älteren sehr wohl bekannt sind. Der bekannteste Häftling des KZ Esterwegen war mit der Häftlings-Nr. 562 der spätere Friedensnobelpreisträger Carl von Ossietzky. Am Sonntag fuhren wir noch über die nahe niederländische Grenze und besuchten in Westerbork das ehemalige Sammellager für niederländische Juden. Über 100.000 Menschen wurden von hier in die deutschen Vernichtungslager des Ostens deportiert. Sowohl im KZ Esterwegen als auch im KZ Westerbork legten wir im Gedenken an die Opfer der faschistischen Barbarei ein Blumengesteck nieder.