Aachener Polizei gründet Sonderkommission „Rechts motivierte Kriminalität“
25. Februar 2012
Der aktuellen Presse ist zu entnehmen, dass die Aachener Polizei mit der neu gegründeten Sonderkommission „Remok“ (Rechts motivierte Kriminalität) den Bewegungsspielraum der Neonazis einschränken will. Die Gründung dieser Ermittlungsgruppe geht zurück auf Entscheidungen auf Landesebene, sie ist einem Kompetenzzentrum beim LKA Düsseldorf angegliedert.
Mit dieser längst überfälligen Forcierung und Bündelung von Ermittlungskapazitäten nimmt die Polizei zur Kenntnis, dass bisherige Maßnahmen gegen die KAL und ihr Umfeld nicht ausreichend waren und dass das enorme Gefährdungspotential der „Kameradschaft Aachener Land“ in besonderer Weise polizeilicher Obhut unterstellt werden muss.
Der Autor dieser Zeilen begrüßt die Einrichtung dieser Kommission und wünscht ihr Erfolg auf ganzer Linie.
Allein die Einlassungen des Polizeipräsidenten lassen befürchten, dass der Wille zum Erfolg arg eingeschränkt ist. Oelze wird in der Presse zitiert: „Je größer die Basis [der Kameradschaft Aachener Land; der Autor] wird, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass darunter völlig Abgedrehte sind“. Ja, was hat Oelze denn für ein Verständnis von Faschismus? Gewalt, das wesensbestimmende Merkmal jeder Form von Faschismus und das persönliche Bekenntnis eines jeden Faschisten, ordnet er „Abgedrehten“ zu. Oelze will „Faschismus“ nicht verstehen. Er kann ihn nicht verstehen, weil er anderes im Sinn hat:
Die Sonderkommission trägt den Titel „Rechts motivierte Kriminalität“. Will sagen – natürlich gibt es auch „Links motivierte Kriminalität“. Oelze versäumte bislang keine Gelegenheit, seine den Faschismus verharmlosende „Extremismustheorie“ immer dann an den Mann und die Frau zu bringen, selbst dann, wenn der Kampf gegen Rechts auf der Tagesordnung stand. Auch der Runde Tisch gegen Rechts der Stadt Aachen ließ sich diese Ausschweifungen widerstandslos gefallen.
Solange ein Mann wie Oelze der Aachener Polizei vorsteht, ist es ein Trugschluss zu glauben, der Kampf gegen Nazis könne jetzt vollständig der Polizei und ihrer Kommission überantwortet werden.
Noch im Raum steht die Beschränkung bürgerrechtlichen Engagements durch die Polizei. Diese verbot 2011 als zuständige Versammlungsbehörde ein Blockadetraining zur Vorbereitung auf den Naziaufmarsch im April in Stolberg und veranlasste ein aufwendiges Klageverfahren der Veranstalter gegen die Polizeibehörde. Es enspräche vollends dem deklarierten Anliegen der Sonderkommission, die Auflagen zurückzuziehen und das Verfahren vor dem Münsteraner Oberverwaltungsgericht zu einem würdigen Abschluss zu bringen.
Nach bisherigem Wissensstand werden die nächsten Naziaufmärsche in Eschweiler (31.3.) und Stolberg (4.4., 7.4.) erneut unter polizeilichen Schutz gestellt. Die Wahrnehmung des Rechts auf Widerstand und die Beanspruchung des Rechts auf freie Meinungsäußerung auch für eine Blockadekundgebung werden die Bürgerinnen und Bürger wohl in die eigenen Hände nehmen müssen.
Der Aachener Politikwissenschaftler Richard Gebhardt verwies am 24.2. in der WDR-Sendung „Aktuelle Stunde“ auf die Studie der Universität Leizpig „Vom Rand zur Mitte“. Demnach haben 8,2% der Menschen dieses Landes ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild! Diese Einstellungen lassen sich mit polizeilichen, juristischen oder administrativen Maßnahmen alleine nicht zurückdrängen. Erforderlich ist vielmehr eine breite gesellschaftliche Debatte, die geprägt sein muss von der Einstellung für gleiche demokratische und soziale Rechte für alle Menschen und die Gewalt – insbesondere in der Form von Krieg! – eine Absage erteilt.
Dennoch, mit der Sonderkommission sind neue Möglichkeiten entstanden, die Herausforderungen durch Nazis in unserer Region zu begreifen und adäquat zu beantworten.