Ablehnung der Stationierung von Patriot-Raketensystemen in der Türkei
30. November 2012
Die VVN-BdA versandte, zusammen mit anderen Gruppen der Friedensbewegung und initiiert vom Antikriegsbündnis, einen Brief an die Bundestagsabgeordneten der Aachener Region, in dem wir unsere Ablehnung einer Stationierung der Patriot-Raketensysteme in der Türkei ausdrücken und von den Abgeordneten eine entsprechende Haltung einfordern.
Hier der Wortlaut:
Sehr geehrte Frau Abgeordnete Herlitzius,
am 14.12. 2012 wird der Deutsche Bundestag voraussichtlich über eine Beteiligung der Bundeswehr an der Stationierung von Raketensystemen des Typs Patriots zusammen mit deutschen Bedienungsmannschaften an der türkischen Grenze zu Syrien befinden.
Minister de Maiziere hatte dabei bereits vor einem Ersuchen der Türkei im Rahmen der NATO eine Zustimmung der Bundesregierung zur Entsendung von deutschen Waffen und Soldaten signalisiert.
59% der deutschen Bevölkerung lehnt nach einer Umfrage (INFRATEST-DIMAP am 20/21.11. 2012) einen derartigen Einsatz ab. Die Mehrheit der Bundesbürger fürchtet, dass dadurch in der Region die Kriegsgefahr unter deutscher Beteiligung wächst.
Wir, Friedens- und Antikriegsgruppen aus der Regionen Aachen, sehen in dem geplanten Einsatz die mögliche Vorbereitung für eine „Flugverbotszone“ über einem Teil Syriens und damit eine direkte militärische Einmischung in den syrischen Bürgerkrieg mit der Gefahr einer weiteren Ausweitung, da im Kriegsfall Bündnisverpflichtungen zwischen Syrien und dem Iran bestehen.
Die Patriot-Raketensysteme mit einer Reichweite von bis zu 160 Kilometern eignen sich zum Abschuss syrischer Flugzeuge über syrischem Hoheitsgebiet, nicht jedoch zur Abwehr von Mörsergranatenbeschuss, wie er bisher mehrfach an der türkisch-syrischen Grenze vorgefallen ist. Es handelte sich bei diesen Zwischenfällen ausschließlich um Kämpfe zwischen syrischer Armee und Rebellen und im keinen Fall um gezielte Attacken der syrischen Streitkräfte gegen türkische Ziele. Eher liegt nahe, dass Rebellengruppen über solche provozierten Zwischenfälle eine NATO-Unterstützung wie im Falle Libyens erzwingen wollen.
Die türkische Regierung unterstürzt seit Monaten in vielfältiger Weise diese bewaffneten Rebellen, bietet ihnen Aufmarsch- und Rückzugsgebiete und will offensichtlich die Entstehung eines kurdischen Autonomiegebiets in Syrien ähnlich dem in Nordirak verhindern. Am 4. Oktober 2012 hat das türkische Parlament die Regierung Erdogan zum einjährigen Einsatz der türkischen Streitkräfte im Ausland ermächtigt, deren Rahmen, Zahl und Zeit von der Regierung festgelegt werden soll.
Die Bundesregierung beruft sich auf „Bündnissolidarität“ im Rahmen der NATO.
Es liegt aber kein „bewaffneter Angriff“ auf ein oder mehrere Mitgliedsländer der NATO nach Artikel 5 des NATO-Vertrags vor noch ist er zu erwarten.
Der Artikel 4, auf den sich die türkische Regierung nunmehr bezieht, sieht Konsultationen unter den NATO-Mitgliedern vor „wenn nach Auffassung einer von ihnen die Unversehrtheit des Gebiets, die politische Unabhängigkeit oder die Sicherheit einer der Parteien bedroht ist.“ Verpflichtungen, wie sie von Frau Merkel, den Herrn de Maiziere und Westerwelle derzeit beschworen werden, ergeben sich daraus nicht. Zudem wurde nicht einmal das Ergebnis dieser Konsultationen abgewartet.
Wir wenden uns an Sie als Abgeordnete des Deutschen Bundestages aus der Regionen Aachen und fragen Sie nach Ihrem Standpunkt zur Entsendung von Bundeswehreinheiten mit Patriot-Raketensystemen in die Türkei und wie Sie abstimmen werden.
Wir werden … eine Pressekonferenz durchführen, wo wir unsere und Ihre Stellungnahmen der Öffentlichkeit darstellen wollen und bei der Sie gerne auch persönlich Ihren Wählern Ihren Standpunkt darlegen können. Insbesondere bitten wir Sie um Stellungnahme zu den Fragen:
inwieweit sich Ihr Abstimmungsverhalten mit dem Willen der Mehrheit Ihrer Wähler deckt
ob es von Ihrer Seite Vorschläge oder Initiativen gibt, eine friedliche Lösung dieses Nahost-Konfliktes zu fördern und die Gefahr eines offenen Krieges in der Region mit deutscher Beteiligung zu verhindern.
Aachen , 28.11.2012
Arbeitskreis Antimilitarisierung im Aachener Friedenspreis: Gerhard Diefenbach, Aachen
Würselener Initiative für den Frieden: Helene und Dr. Ansgar Klein, Würselen
pax christi Gruppe Aachen: Mechthild Kappetein, Aachen
Attac Gruppe Aachen: Klaus-Peter Schleisiek,Aachen
Anti-Kriegs-Bündnis Aachen: Dr. Irmgard Gollwitzer, Aachen
VVN-BdA Kreisverband Aachen: Detlef Peikert, Aachen